Bornplatz-Synagoge: Historischer oder moderner Bau?
Die Entscheidung steht: Die 1938 von den Nationalsozialisten zerstörte Hamburger Synagoge am damaligen Bornplatz soll wieder aufgebaut werden. Nun gibt es Diskussionen darüber, wie genau das aussehen soll.
"Man muss zu Geschichte stehen", findet die pensionierte Geschichts-Professorin Ursula Büttner.
Am heutigen Joseph-Carlebach-Platz, dem ehemaligen Bornplatz, erinnert seit 1988 ein Bodenmosaik an die einst zerstörte Synagoge - die genau an diesem Ort stand. Das Mosaik zeigt den Umriss des ehemaligen Gebäudes. Eine Gedenkstätte, die sich erst auf den zweiten Blick erschließt. Einige Hamburgerinnen und Hamburger möchten, dass das so bleibt. Zehn renommierte Fachleute haben darum einen entsprechenden Aufruf verfasst, Ursula Büttner ist eine von ihnen. Die pensionierte Geschichts-Professorin spricht sich dafür aus, den Platz, auf dem die alte Synagoge stand, als Erinnerung an die nationalsozialistischen Verbrechen dauerhaft frei zu halten. "Diese Erinnerung möchte ich nicht überbauen, so als ob man Geschichte wieder gutmachen könnte", so Büttner. Das sei nicht möglich, man müsse vielmehr zur Geschichte stehen.
Nümann-Seidewinkel: "Das hätte was von Disneyland"
Zu den Unterzeichnerinnen des Aufrufs gehört auch die ehemalige Finanzsenatorin und Eimsbütteler Bezirksamtsleiterin Ingrid Nümann-Seidewinkel. Auch für sie kommt ein Eins-zu-eins-Wiederaufbau nicht infrage. Wenn man die Synagoge wieder so aufbauen würde, wie sie damals geschaffen wurde, wäre das zurückgewandt und historisierend. "Das wäre ein riesiges Gebäude und das hätte für mich etwas von Disneyland", kritisiert Nümann-Seidewinkel. Ein Wiederaufbau erwecke für sie den Anschein, es sei nichts geschehen - und das sei falsch.
Juden wollen wieder sichtbar sein
Auf dem heutigen Joseph-Carlebach-Platz ist der frühere Grundriss der Synagoge zu sehen. Die 1906 errichtete Bornplatz-Synagoge war einst das größte jüdische Gotteshaus in Norddeutschland, mit Platz für mehr als 1.000 Besucher. Im Zuge der Pogrome des 9. November 1938 wurde die Synagoge von NS-Anhängern verwüstet und schwer beschädigt. 1939 ließ die Stadt sie abreißen. Sie an historischem Ort in annähernd historischer Gestalt wieder zu errichten, ist der große Wunsch der Jüdischen Gemeinde in Hamburg. "Das zeigt, dass die Juden wieder sichtbar sein wollen, sichtbar sind, nicht irgendwo verschwinden in Wohngebieten, hinter Mauern, sondern dass sie wirklich in der Mitte der Stadtgesellschaft angekommen sind", sagt Philipp Stricharz, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde. Und zwar nicht neu angekommen sind, sondern zurückgekehrt sind, ergänzt er. Ein reiner Neubau ohne historischen Bezug reiche darum nicht aus.
Eine Machbarkeitsstudie soll Klarheit bringen
Der Bund und der Hamburger Senat hatten im November den Weg für die Finanzierung der neuen Synagoge frei gemacht. Jeweils 65 Millionen Euro wollen beide Seiten investieren. Einen Synagogen-Neubau an historischem Ort hat es in Deutschland vor zehn Jahren in Mainz gegeben. Auf historische Bezüge hat man dort weitgehend verzichtet. Entstanden ist ein zeitgenössischer Neubau. Welche Gestalt die Hamburger Synagoge am Ende annimmt und was mit den zugesagten, finanziellen Mitteln überhaupt möglich ist, soll eine Machbarkeitsstudie prüfen. "Das wird ein offener Prozess sein, bei dem mir wichtig ist, dass wirklich alle beteiligt sind, alle diesen Weg mitgehen, um eben jüdisches sichtbarer und erlebbarer in der Stadt zu machen", sagt dazu Hamburgs Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne). Diese Studie soll laut Senat sehr zeitnah vorgelegt werden.